Mai 2021

Die Strategiekonferenz beim Namen nehmen und Wohnraum schaffen - Wege aus der Wohnungsnot aufzeigen und sofort handeln!

Im September 2020, nachdem uns die Corona-Pandemie die Probleme des Berliner Wohnungsmarktes und der Wohnungsnotfallhilfe1 noch klarer vor Augen geführt hat, sprach Sozialsenatorin Elke Breitenbach auf der 4. Strategiekonferenz zum ersten Mal von einem Paradigmenwechsel hin zur Beendigung der Wohnungsnot. Wenn wir als Stadtgesellschaft das Menschenrecht auf Wohnen wirklich ernst nehmen wollen, dann müssen wir weg von einer passiven Armutsverwaltung und hin zur aktiven Beendigung der Wohnungsnot in Berlin. Leider ist es in den letzten Monaten ruhig geworden um den sogenannten "Masterplan zur Beendigung der Wohnungsnot".

Als Arbeitskreis Wohnungsnot unterstützen wir das Menschenrecht auf Wohnen und die Idee des Masterplans aus vollster Überzeugung. Unsere Kolleg:innen haben im letzten Jahr die Stellung gehalten und ihr Bestes gegeben, um gemeinsam mit den betroffenen wohnungslosen Menschen durch die Pandemie zu kommen. Dieser Einsatz mahnt uns, die nun anstehende 5. Strategiekonferenz zu nutzen, um die Weichen für eine neue und nachhaltige Wohnungsnotfallhilfe zu stellen.

Ohne eine breite politische und gesellschaftliche Unterstützung wird es aber nicht gehen. Die Beendigung der Wohnungsnot ist für uns eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und die Versorgung von über 50.000 Berliner:innen ohne Wohnung muss höchste Priorität in dieser Stadt werden. Diesen Appell richten wir insbesondere auch an die Bezirke - derzeit kann das Geburtsdatum einer wohnungslosen Person über die Qualität der Unterstützung entscheiden - das darf nicht sein!

Mit den neuen Leitlinien der Wohnungslosenhilfe, den von uns im Februar 2021 vorgestellten Konzept und den vielen weiteren Ideen der Initiativen und Trägern haben wir ausreichend Grundlage, diesen Masterplan zu formulieren. Es geht nun darum, die Ideen zu verzahnen und tatsächlich umzusetzen.

Wir müssen über Wohnungen sprechen!

An dieser Stelle fragen wir ganz klar: Wann, wie und mit wem sprechen wir auf der Strategiekonferenz über das Kernproblem Wohnraum? Bisher gibt es keinen Workshop zur Schaffung von Wohnraum, keine Einbindung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen und keine Ideen dazu, wie Vereine und Träger Sozialer Arbeit beim Bau von Wohnraum eingebunden werden können. Das hat für uns wenig mit einer nachhaltigen Strategie und Masterplan zu tun. Denn ohne ausreichend Wohnraum werden wir das Problem nicht lösen. Lasst uns daher über Förderprogramme sprechen, um die Träger der Wohnungsnotfallhilfe stärker in die Verantwortung zu nehmen und über Ideen um Leerstand u beseitigen und Gewerbe umzuwidmen. Gemeinsam können wir den Flaschenhals weiten und wieder mehr Menschen helfen eigenen Wohnraum zu erlangen.

Nicht nur reden: Sofortmaßnahmen für die Wohnungsnotfallhilfe

Als Arbeitskreis Wohnungsnot freuen wir uns sehr auf die Strategiekonferenz und die wichtigen Diskurse. Gleichzeitig wollen wir nicht mehr nur diskutieren. Viele Ideen und Maßnahmen zur Verbesserung der Lebenssituation vieler betroffener Menschen sind bereits besprochen und könnten sofort umgesetzt werden:

  • Um eine Perspektive zu schaffen, fordern wir umgehend das geschützte Marktsegment auf 2500 Wohnungen im Jahr zu erhöhen.
  • Räumungen wie an der Rummelsburger Bucht dürfen nicht mehr stattfinden. Wir brauchen umgehend nachhaltige** "Safe Places"**.
  • Die neuen Leitlinien **existieren seit zwei Jahren. Sie gilt es umgehend und umfassend **umzusetzen. Dafür gehört für uns vor allem der ungehinderte Zugang für alle EU-Bürger:innen zu einer Unterbringung nach ASOG.
  • Die Leitlinien sprechen sich auch für die Schaffung von Fachstellen **für Wohnungsnotfälle aus. Dazu gehört auch ein umfangreiches **Präventionskonzept zum Erhalt von Wohnraum. Beides ist bis heute nicht vollumfänglich umgesetzt.
  • Derzeit sind die Hilfen nach §67 SGB XII die größte und umfangreichste Hilfe für Menschen in Wohnungsnot. Trotz eines Rechtsanspruches sieht die Vergabepraxis aber häufig anders aus. Das führt zur Existenzbedrohung **sowohl für die betroffenen Menschen als ganz akut auch für die **Krisen- und Clearinghäuser. Hier muss sofort in der Praxis umgesteuert werden.
  • Gleichzeitig kann das Housing First sofort erweitert und sinnvoll dauerhaft neben reformierten Hilfen nach §67 SGB XII positioniert werden.
  • Die positiven Erfahrungen der 24/7 Einrichtungen müssen jetzt in die Planung der nächsten Kältehilfesaison eingehen. Die **Kältehilfe 2.0 **muss fortgesetzt werden.
  • Der Tagestreff Mitte im Hofbräuhaus hat gezeigt, dass ein Tagestreff am Alexanderplatz dringend gebraucht wird und muss daher verlängert werden.
  • Die seit langen geforderte Wohnungsnotfallstatistik muss sofort umgesetzt werden und so zu mehr Transparenz führen.
  • Das gilt auch für eine **Beschwerdestelle **für die Wohnungsnotfallhilfe. Die bereits geschaffene Beschwerdestelle für wohnungslose Menschen mit Fluchthintergrund
    kann sofort erweitert werden.

Mit dem Willen und der Unterstützung aller können wir gemeinsam viel erreichen. Die 5. Strategiekonferenz sollten wir nutzen, um der Utopie eines Berlins ohne Wohnungsnot einen realistischen Rahmen zu geben. Das Gesamtbild können wir aber nur gemeinsam mit den Betroffenen zeichnen. Wir rufen daher die Senatsverwaltung und alle Träger, Vereine und Initiativen dazu auf, den Zugang zur Konferenz auch für Menschen in Wohnungsnot zu ermöglichen. Nur mit einer umfangreichen Partizipation werden wir den gemeinsamen Weg in den nächsten Jahren erfolgreich zu Ende führen können.

Mit hoffnungsvollen Grüßen
Ihre Arbeitsgemeinschaft "Masterplan" des Arbeitskreis Wohnungsnot

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